(09.November 2022) - Quo vadis – Vergütungsverhandlung?

Quo vadis – Vergütungsverhandlung?

Die BEL-Positionen sind schon lange nicht mehr auskömmlich und manches Labor dürfte z.B. bei Reparaturen, Erweiterungen und Kunststoffarbeiten tatsächlich auch in der Vergangenheit schon draufgezahlt haben.

Nun wird, was in der Vergangenheit problematisch war, verheerend. Seit Monaten steigen die Preise für Materialien wie Gipse, Strahlsand und vieles mehr. Materialien, die in den BEL-Preisen enthalten sind und nicht gesondert berechnet werden dürfen. Natürlich besteht vor diesem Hintergrund die Erwartungshaltung, dass sich mindestens diese Materialpreisentwicklung auch in den BEL-Preisen niederschlägt - ganz zu schweigen von der Entwicklung der Energiepreise, der Lohnkostenentwicklung, etc.

Zu Recht?

Die Antwort ist leider nicht ganz einfach. Bitte folgen Sie mir einen Moment in die Grundlagen des Sozialrechtes. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern und Wirtschaftssystemen haben wir ein ausgeprägtes Sozialsystem, die gesetzliche Krankenversicherung ist dabei bei weitem nicht der einzige, aber doch ein sehr wichtiger Bestandteil. Wer immer die Verhältnisse zum Beispiel in den Vereinigten Staaten, aber auch in Großbritannien und vielen anderen auch europäischen Ländern kennt, wird zustimmen, dass die Gesundheitsvorsorge in Deutschland ein hohes und schützenswertes Gut ist.

Finanziert wird diese Gesundheitsvorsorge über die gesetzliche Krankenversicherung, in die Arbeitnehmende und Arbeitgebende durch Beiträge einzahlen. Die gesetzliche Krankenversicherung kann und darf dann grundsätzlich nur so viel ausgeben, wie sie an Beiträgen eingenommen hat. Dieses Prinzip nennt man den Grundsatz der Beitragssatzstabilität, denn diese Begrenzung bei den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung dient dazu, die Beiträge stabil zu halten.

Aus diesem sozialrechtlichen Grundsatz folgt nun aber in der Konsequenz, dass die Frage, wieviel die gesetzliche Krankenversicherung für gesundheitliche Leistungen bezahlt, sich nicht daran ausrichtet, was diese gesundheitlichen Leistungen kosten, sondern daran, wieviel Beitragseinnahmen die Krankenkasse hatte. Sind die Beitragseinnahmen im maßgeblichen Bemessungszeitraum zum Beispiel um 3,45% gestiegen, dann kann die gesetzliche Krankenversicherung den Leistungserbringern bis zu 3,45% Vergütungssteigerungen zahlen. Alles darüber Hinausgehende führt zu einer Verletzung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität und zu höheren Beiträgen für die Arbeitnehmenden und irgendwann auch für die Arbeitgebenden.

Deshalb gibt es bei unseren Vergütungsverhandlungen leider keinen direkten Zusammenhang zwischen den tatsächlich stattfindenden Materialpreissteigerungen und den zu erreichen BEL-Preissteigerungen.

Nun wird dieses Prinzip der Beitragssatzstabilität an verschiedener Stelle im Gesundheitswesen durchbrochen, nicht zuletzt im Bereich der Krankenhäuser und der Pflege. Da dieses Prinzip aber Gesetzesrang hat (§71 SGB V), muss jede Ausnahme von der Beitragssatzstabilität ebenfalls durch eine gesetzliche Regelung vorgesehen sein.

Für das Zahntechnikerhandwerk ist den Innungen und dem VDZI vor einigen Jahren schon eine Durchbrechung dieses Prinzips für die Verhandlungen auf Landesebene gelungen. Die Landesinnungen können in ihren Verhandlungen nämlich Preise in einem Korridor von 5% um den Bundesmittelpreis verhandeln, ohne dabei an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität gebunden zu sein.

Für die Verhandlungen des VDZI auf Bundesebene zum BMP gilt dies leider noch nicht. Hier kämpfen die Innungen und der VDZI weiter für eine Veränderung der gesetzlichen Regelungen. Unsere Petition ist nur ein Baustein auf diesem Weg.

Wie sieht es aber nun derzeit aus um unsere Vergütungsverhandlungen?

Der VDZI hat sich mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen nicht auf einen neuen Bundesmittelpreis einigen können. Die Krankenkassen verweisen auf die enormen Ausgaben des Gesundheitssystems in den letzten Jahren und meinen, auch das Zahntechnikerhandwerk müsste sich an der Finanzierung der Ausgaben mit einem Solidarbeitrag in Form einer nur geringen Vergütungsanhebung beteiligen. Der VDZI vertritt völlig zurecht den Standpunkt, das Zahntechnikerhandwerk leiste durch seine strikte Anbindung an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität bereits all die Jahre überproportional einen solidarischen Beitrag zur Finanzierung. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass aus den beschriebenen Gründen ein erheblicher Anteil der tatsächlich stattfindenden Kostensteigerungen so oder so in den BEL-Preisen keine angemessene Berücksichtigung finden wird.

Im Ergebnis wird ein Schiedsamt über die Entwicklung des Bundesmittelpreises entscheiden müssen. Die Verhandlungen auf Landesebene können sinnvoll erst nach Vorlage des Schiedsspruchs aufgenommen werden.

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